Es ist hinlänglich bekannt, dass die Menschen gerne bei Marktführern kaufen. Unternehmen, die in ihrer Branche die Nr.1 sind, haben es erheblich leichter, ihre Produkte und Dienstleistungen zu vermarkten. Wir erinnern uns immer an die Nummer 1, selten oder niemals an die Nummer 2 oder 3.
Wer ist aktuell der schnellste Mann der Welt im 100-Meter-Lauf?
Die Antwort braucht kein langes Nachdenken. Sofort fällt Ihnen Usain Bolt ein. Unvergessen sein aktueller Weltrekord von 9,58 s, aufgestellt am 16. August 2009 im Finale bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin. Nie zuvor ist ein Mensch die 100m-Strecke schneller gelaufen und Bolt hat sich dadurch einen Platz in der Sportgeschichte und in den Herzen vieler Leichtathletik-Fans gesichert.
Und wer ist der Zweitschnellste?
Obwohl der zweitschnellste nur wenige Sekundenbruchteile langsamer war als Usain Bolt, reicht es für ihn nicht, uns dauerhaft in Erinnerung zu bleiben.
Wer war der erste Mensch auf dem Mond?
Na klar, Neil Armstrong. Am 21. Juli 1969 betrat er als erster Mensch den Mond. Und wer war der Zweite? Und der Dritte? Da kommt man schon ins Grübeln und diese Frage wäre bei Günther Jauch in “Wer wird Millionär” sicherlich jenseits der 16.000 Euro-Grenze angesiedelt.
Wenn ich Sie frage, “wer war der erste Mensch auf dem Mount Everest?”, dann werden Sie ohne lange nachzudenken antworten: “Sir Edmund HIllary, Erstbesteigung 1953.” “Wer war denn der erste Mensch, der die Besteigung dieses Himalaja-Riesen ohne Sauerstoffgerät geschafft hat?” Ebenfalls ohne langes Nachdenken fällt einem sofort Reinhold Messner ein. Richtige Antwort!
Die Nr. 1 in einer neu geschaffenen Kategorie
Reinhold Messner wusste natürlich bei seiner Erst-Besteigung des Berges, dass er niemals die Nummer 1 sein würde und sich die Menschen deshalb kaum an ihn erinnern würden. Also hat er sich gefragt, wie er es trotzdem schaffen kann, die Nummer 1 zu sein und der Menschheit in Erinnerung zu bleiben.
Die Lösung des Problems ist ganz einfach. Er erfand einfach eine neue Kategorie, die bis dahin noch niemand besetzt hatte. Diese Kategorie lautet: Besteigung von 8.000ern ohne zusätzliche Sauerstoffversorgung.
Gesagt getan und schon war er die Nummer 1 in dieser neuen Kategorie und jeder erinnert sich daran. Ob dieses Nummer 1-Denken wirklich die hauptsächliche Motivation für Reinhold Messner war, sich solchen Strapazen zu unterziehen, sei dahingestellt. Entscheidend ist der Effekt dieser Entscheidung.
Ein weiteres Beispiel: Axe: „Der Duft, der Frauen provoziert“
Die Ausgangslage war klar und ohne große Erfolgsaussichten. Die Marke “Axe”, stellvertretend für den Hersteller Unilever, war eine von vielen anderen Marken, die sich auf dem Männer-Deo-Markt alle auf “Geruchsvermeidung“ (oder positiv ausgedrückt „soziale Akzeptanz“) positioniert hatten. Viele Mitbewerber, kaum eine Chance, dauerhaft die Nummer 1 zu werden.
Was machte Axe, um trotzdem die Nummer 1 zu werden? Sie erfanden mit „Der Duft, der Frauen provoziert“ einfach eine neue Duft-Kategorie und konnten in dieser erfolgreich den sehr emotionalen Kern-Vorteil ihres Produktes positionieren und die Konkurrenz dominieren. Die Umsätze explodierten. Allein in Deutschland innerhalb weniger Jahre von 1,3 Millionen Euro auf über 70 Millionen Euro. Die Marke ist bis heute Marktführer geblieben.
Was können wir von Reinhold Messner und Axe lernen?
Wenn Sie selbständig und in einer Branche unterwegs sind, die zig Mitbewerber hat, die im Prinzip alle genau das gleiche machen wie Sie, dann werden Sie es sehr schwer haben, ständig neue Kunden zu gewinnen und vor allen Dingen werden Sie es schwer haben, diese eine Frage des potentiellen Kunden zu beantworten, die da lautet: warum soll ich bei Dir kaufen und nicht bei einem anderen, der vielleicht sogar preisgünstiger ist?
Marketingexperten sprechen hier vom sogenannten USP (unique selling proposition), dem Alleinstellungsmerkmal. Zitat Wikipedia: “Als Alleinstellungsmerkmal wird im Marketing und in der Verkaufspsychologie das herausragende Leistungsmerkmal bezeichnet, mit dem sich ein Angebot deutlich vom Wettbewerb abhebt.”
Können Sie diese Frage des Kunden nicht eindeutig beantworten, sind Sie schon mittendrin in einem oftmals gnadenlosen Preiskampf, den Sie am Ende nur verlieren können. Um dieser Abwärtsspirale zu entkommen, müssen Sie eine USP entwickeln, so schwierig dass vielleicht auch sein mag.
Ein Beispiel: Ich erstelle Websites für Businesskunden. Ein Riesenmarkt mit unzähligen Mitbewerbern. Keine Chance, die Nr.1 zu sein oder zu werden. Ich habe mich dabei auf WordPress als CMS spezialisiert. Schon besser, aber immer noch zahlreiche Mitbewerber. Schwierig die Nr.1 zu werden. Ein weiteres Zuspitzen meines Angebotes erreiche ich durch das Angebot an zusätzlichem Onlinemarketing-Know-how. “Interessant, der bietet also nicht nur die Erstellung einer Website sondern sagt mir auch, wie ich an zahlungskräftige Besucher komme”, ist der Gedanke eines potentiellen Kunden.
Dieses Zuspitzen meines Angebotes könnte ich noch erhöhen, indem ich mich auf eine bestimmte Branche konzentrieren würde, z.B. Dentalhandel. Heraus käme ein sehr spitzes Angebot, wenige Mitbewerber und gute Chancen, die Nr.1 zu werden.
Jetzt könnte ich noch eine hochspezialisierte Marketinglösung erfinden (siehe “Bergsteigen ohne Sauerstoffgerät”), die genau die Probleme löst, die die Dentalhandelskunden haben, dieser einen einzigartigen Namen geben und – BANG – wäre ich die Nummer 1 in meiner selbst geschaffenen Kategorie. Bei entsprechendem Marketing meinerseits würde mich kein Dentalhandelsunternehmen zukünftig nicht beachten können und es wäre für Mitbewerber höchstens noch der 2. Platz vorhanden.
Um es vorweg zu nehmen. Soweit bin ich selbst noch nicht, aber der Konkurrenzdruck nimmt ständig zu und wird mich früher oder später dazu zwingen, mich neu auszurichten.
Fazit:
Wir halten also fest: Viele Selbständige bieten ein möglichst breites Angebot an, praktisch eine Art Bauchladen, damit auch für jeden etwas dabei ist. Großer Fehler! Keine Chance, jemals die Nummer 1 zu werden. Wenn Sie Ihr Angebot jedoch ganz spitz konzentrieren und auf eine exakt definierte Zielgruppe ausrichten, dann haben Sie es wesentlich leichter, Aufmerksamkeit zu erzielen und vielleicht sogar die Nummer 1 in ihrem Segment zu werden. Warten Sie nicht solange wie ich, bis der Markt Sie dazu zwingt, sondern werden Sie agierend tätig und nicht reagierend.
Schlusswort
Getreu dem folgenden Zitat von Albert Einstein wünsche ich Ihnen, dass Sie nicht alles beim Alten belassen.
Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert. (Albert Einstein)