Was alles will Google uns noch aufbürden?
In einem Fachartikel der Zeitschrift Website Boosting über die Veranstaltung “Search Marketing Expo”, kurz SMX, in München war unter anderem zu lesen, dass Google in seinem Ranking-Algorithmus die klassischen Backlinks in deren Bedeutung weiter herabstuft und wieder mehr Wert legt auf hochwertigen Content, um den Nutzen für den Suchenden noch größer zu machen und dadurch die eigene Daseinsberechtigung noch weiter zu stärken.
Ist der Aufwand noch berechtigt?
Der amerikanische SEO-Experte Rand Fishkin meinte dazu, sinngemäß übersetzt, die einzige logische Schlussfolgerung kann nur die sein, dass man mit seinem Content so gut sein muss, dass es Google peinlich sein müsste, eine solche Website nicht in den vorrangigen Suchergebnissen (SERP’s) zu ranken. WOW! Das lässt erst mal ein betretenes Schweigen auftreten.
OK, jeder weiß inzwischen, dass hochwertiger Content notwendig ist und der alte Spruch “Content is king” hat nichts von seiner Bedeutung verloren. Aber wie verdammt gut muss denn bitte schön mein Content in Zukunft sein, damit ich überhaupt noch eine Chance habe, gefunden zu werden?
Muss jeder Blogartikel ab jetzt so hochwertig sein, dass er Preise und Auszeichnungen gewinnt? Womöglich den Literatur-Nobelpreis? Würde Euch das genügen, liebes Google-Team?
Jeder der Content schreibt, weiß, wie aufwändig es ist, einen guten Artikel zu schreiben, bzw. erst mal zu recherchieren. Wenn “gute” Qualität nicht mehr ausreicht und nur noch absolute Spitzenqualität eine Chance im Google-Index hat, dann stellt sich meines Erachtens die Frage, ob der Aufwand für das bisherige Content-Marketing überhaupt noch gerechtfertigt ist, oder man nicht nach Alternativen suchen sollte.
Ist Google selbst das Problem?
Liegt das eigentliche Problem nicht eher bei Dir selbst Google? Weil Deine 1. Seite nur 10 verdammte Ergebnisse zulässt und Du davon schon rund 85 % durch eigene Anzeigen, wie zum Beispiel Karusselanzeigen, Sitelinks, Mini-Sitelinks, Knowledge-Graph, News, Video Snippets, Bilderboxen, lokale Ergebnisse, Landkarten und andere mehr, belegst?
Rand Fishkin hat genau dieses Problem untersucht und tatsächlich festgestellt, dass nur noch rund 15 % der Elemente einer Suchergebnisseite von “organischen” Blue Links stammen, also von ganz natürlichen Suchtreffern. Er meint dazu:
Google eats your Visitors
Und diese restlichen 15%, die Du, unser aller Gebieter, uns suchmaschinenoptimierenden Websitebetreibern noch lässt, sind auch schon total durchkommerzialisiert. An erster Stelle meistens Wikipedia, was ja noch ganz OK ist. Danach folgen Preisvergleichsseiten, Rabatt-Couponseiten, Meinungsseiten und ähnliche Vertreter dieser Art. Und nicht zu vergessen, Amazon. Die haben offenbar für jedes Keyword dieser Welt optimiert, immer Seite 1. Was für einen Deal habt ihr eigentlich mit Amazon?
Kleiner Tipp: Wenn Sie etwas in Google suchen und das Suchergebnis angezeigt wird, klicken Sie sofort durch zur 2. Seite. Beachten Sie die 1. Seite gar nicht mehr!
Und Spezialisten einstellen, die die hochwertigsten Inhalte produzieren, die die Welt je gesehen hat? Da wird Ihnen der Geschäftsführer eines solchen Betriebes aber etwas anders erzählen.
Seien wir doch mal eine Minute ehrlich. Wenn ich hier in meinem Blog einen Artikel schreibe, dann mache ich das nicht, um die Welt mit meinen Ergüssen zu unterhalten, sondern ich mache das mit dem Endziel, meine Dienstleistungen und Produkte zu verkaufen! Und genau das Ziel verfolgen auch 98 % aller anderen Websitebetreiber. Es geht darum Umsatz zu machen, neue Kunden zu gewinnen und bestehende zu halten. Und das ist schon schwierig genug.
OK Google, es ist ja sicherlich richtig, dass Content eine gewisse Qualität haben sollte. Das der Besucher meiner Website einen gewissen Mehrwert durch das Lesen meiner Artikel erfahren soll und das meine Website nach allen HTML-Regeln der Kunst durchoptimiert sein soll, weil Du Google, dann besser verstehst, worum es auf meiner Website geht.
Aber irgendwo müssen wir doch die Kirche mal im Dorf lassen!
Die Lage spitzt sich meines Erachtens immer weiter zu und die Anforderungen, die Google stellt, werden immer gewaltiger. Der Aufwand für Suchmaschinenmarketing und der Ertrag stehen für kleine und mittelständische Firmen und Gewerbetreibenden in keinem vertretbaren Verhältnis mehr. Es ist daher dringend Zeit, neue Wege zu finden und zu beschreiten.
Wir sind aber auch alle selbst Schuld
Warum haben wir es zugelassen, dass Google eine solche Übermacht bekommt? Warum nutzen wir alle nur Google, obwohl es durchaus interessante Alternativen gibt? Die Suchergebnisse in Google sind schon seit langem nicht mehr so gut, dass sie eine ausschließliche Benutzung dieser Suchmaschine rechtfertigen würden.
Die Antwort: Grund ist schlicht und einfach die reine Bequemlichkeit der Menschen, mich eingeschlossen. Die Folgen davon müssen wir alle erdulden, ob wir wollen oder nicht. Google hat diese Macht durch unser aller Verhalten erhalten und wird sie nicht wieder hergeben, es sei denn, wir alle lernen, ein wenig umzudenken.
Wie könnten neue Wege aussehen?
Zunächst einmal sollten Sie sich fragen, was passieren würde, wenn Google Ihre Website von heute auf morgen aus dem Index kickt. Sie wären also bei Google nicht mehr auffindbar.
Hätte das katastrophale Folgen und würde bedeuten, dass Sie innerhalb von maximal 4 Wochen schließen müssten? Wenn ja, dann müssen Sie sich dringend Gedanken machen über neue Wege, denn Sie sind total abhängig von Google’s Wohlwollen.
Wenn es im anderen Extrem so gut wie keine Folgen hätte, dann müssen Sie sich keine größeren Sorgen machen. Ihre Kunden finden auch ohne Google zu Ihnen, nämlich über andere Wege. Sie haben außerdem viele Stammkunden und diese empfehlen Sie gerne weiter. Es brummt bei Ihnen und Suchmaschinenoptimierung ist für Sie kein Thema.
In der Tat, solche Geschäfte/Betriebe gibt es noch. Mir hat mal der Chef eines Kölner Party-Service auf meine Frage, ob es denn für ihn nicht sinnvoll sein könnte, noch besser bei Google gefunden zu werden, ernsthaft folgendes gesagt: “Öm Joddes Wille! Do hädde mer jo noch mie zu dunn”. Für alle Nichtkölner: “Um Gottes Willen! Da hätten wir ja noch mehr zu tun”.
Von solchen Betrieben gibt es noch eine ganze Menge. Die leben hauptsächlich von ihren Stammkunden und deren Weiterempfehlungen. Das scheint offenbar auszureichen.
Sie müssen jetzt für Ihr Business selbst einschätzen: total abhängig von Google oder eher das Gegenteil, wie der zitierte Party-Service-Chef? Wenn Sie eher abhängig von Google sind, dann sollten Sie zukünftig vermehrt darauf achten, dass nicht ausschließlich Google neue Kunden zu Ihnen führt, sondern dass diese auch über andere Kanäle zu Ihnen gelangen.
Und schon sind wir mittendrin im spannenden Thema der sogenannten Multi-Channel-Strategie. Hierzu mehr im nächsten Artikel, der voraussichtlich Ende Juli erscheinen wird.