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Was machen eigentlich die deutschen Start-Up-Unternehmen?

Die etwas Älteren werden sich sicherlich daran erinnern. Um die Jahrtausendwende herum begann endgültig die Kommerzialisierung des Internets. Bereits seit etwa 1995 wollten nahezu unzählige Unternehmen auf diesen Zug aufspringen und begannen damit, Geschäftsideen für das Internet zu entwickeln und diese an den Start zu bringen.

Es war die Zeit, als die Samwer-Brüder ihr Internet Auktionshaus alando.de mit großem Erfolg an keinen geringeren als die US Firma eBay.com verkauften und auf diese Weise mal eben rund 40.000.000 $ erzielten. Plötzlich war allen klar, dass im Internet Geld zu verdienen ist und zwar richtig viel Geld.

Infolgedessen wurden weitere Internetunternehmen neu gegründet und stießen dabei auf ein großes Anlegerinteresse, was zu zahlreichen Börsengängen dieser Unternehmen führte. Diese hatten oftmals jedoch nicht mehr vorzuweisen, als eine aus den USA kopierte Onlinegeschäftsidee und deren primäres Unternehmensziel bestand darin, die neue Idee auf dem Markt zu platzieren und kurze Zeit später an einen größeren Mitbewerber zu verkaufen. Die berühmte Exit Strategie.

Auch aufgrund des großen Erfolgs der Samwer-Brüder hatten professionelle Geldgeber, also Investoren, ein Auge auf diesen Markt geworfen. Diese Investoren hatten viel Kapital zur Verfügung, was sie nicht hatten, waren Geschäftsideen für das Internet.

Die Geschäftsideen lieferten ihnen die „Start-Ups“ und bekamen im Gegenzug dafür Kapital zur Verfügung gestellt. Es ging hier in der Regel immer um Millionenbeträge und diese wurden ausgeschüttet, ohne das Geschäftsmodell, welches finanziert wurde, genauer zu prüfen. Es reichte oftmals schon aus, dass es irgendetwas mit Internet zu tun hat.

Das war die Geburtsstunde der klassischen Internet-Start-Ups. Deren Todesstunde kennen wir unter dem Begriff Dotcom-Blase.

Der Hype war groß und wurde immer größer. Auslöser dieses Booms waren die immens hohen Gewinnerwartungen und steigende Aktienkurse, die durch die neuen Technologien entfacht wurden. Immer größere Bevölkerungskreise hatten Zugriff auf das Internet, das Mobiltelefon war endgültig zum Alltagsgegenstand geworden, erste Handheld-Computer (Palm-Top) eroberten den Markt und die Möglichkeiten erschienen grenzenlos.

Viele Kleinanleger erhofften sich aufgrund der offensichtlichen Zukunftsfähigkeit dieser Start-Ups schnelle Gewinne und zeichneten die angebotenen Aktien. Das berühmteste Beispiel in Deutschland war sicherlich der durch umfangreiche Werbemaßnahmen (siehe Telekom-Aktionäre hinters Licht geführt!) begleitete Börsengang der Deutschen Telekom, der die Popularität des Anlageinstrumentes Aktie weiter steigerte. Nichts schien mehr unmöglich und jeder wollte bei dem schnellen Geld dabei sein, was auf dem Höhepunkt der Blase dazu führte, dass zahlreiche Unternehmen des Neuen Marktes an der Börse total überbewertet wurden und waren.

Es kam wie es kommen musste, denn die Börse verzeiht solche Fehler nicht. Viele auf diese Weise finanzierte Geschäftsmodelle erwiesen sich als nicht marktfähig und die hohen Gewinnerwartungen konnten nicht erfüllt werden. Der immens hohe Börsenwert dieser Firmen war zu keinem Zeitpunkt durch entsprechende materielle Substanz (Immobilien, Anlagen, Maschinen, Fuhrparks etc.) gedeckt, denn das Kapital dieser Unternehmen bestand in der Regel nur aus einem Businessplan, der meistens das Papier nicht wert war, auf dem er gedruckt wurde.

Zum Zeitpunkt dieser Erkenntnis waren allerdings schon Millionen Euro in den Sand gesetzt, die die Start-Ups in der Anlaufphase „verbrannt“ hatten.

Infolge dessen mussten erste Hoffnungsträger sogar Insolvenz anmelden und es stellte sich heraus, dass ein einigen Fällen ausgewiesene Umsatzzahlen fingiert waren. Dadurch sanken die Kurse ab etwa März 2000 und aufgrund dessen wurden weitere Verkäufe getätigt, was wiederum zu noch stärker sinkenden Kursen führte. Panik brach aus.

Schließlich stürzte der Markt komplett in sich zusammen. Die große Blase platzte! Erfahrene Anleger hatten zu diesem Zeitpunkt ihr Kapital schon aus dem Markt abgezogen und so traf es die Millionen von Kleinanlegern, die in Panik versuchten, um jeden Preis zu verkaufen. Die Folge war ein dramatischer Kurssturz, bei dem viele Kleinanleger ihr Vermögen verloren. Dem Börsenstandort Deutschland und dem Anlageinstrument Aktie wurde dadurch hoher Schaden zugefügt, denn das Vertrauen war wie das Kapital ebenso verloren gegangen.

Zeitsprung – in die Gegenwart, 2013

Inzwischen wissen wir, welche Geschäftsmodelle im Internet funktionieren und welche nicht. Der Markt hat sich konsolidiert und das Vertrauen der Anleger in die Werte der IT-Branche, welches für viele Jahre schwer beschädigt war, beginnt sich neu zu etablieren. Nicht zuletzt auch aufgrund etlicher sehr erfolgreicher Internetunternehmen, allen voran die drei großen Globalplayer Ebay, Amazon und natürlich Google.

Doch wie sieht es bei den Start-Ups aus?

Ist die Start-up-Szene tot oder entwickelt sich neues Leben in diesem Bereich?  Totgesagte leben ja bekanntlich länger und so scheint es auch bei den Start-Ups zu sein.

Natürlich haben alle Beteiligten aus den damaligen Fehlern gelernt. Wahrscheinlich braucht es in Deutschland aber immer erst einmal ein Worst-Case-Szenario, bis dann irgendwann der gesunde Menschenverstand wieder eingeschaltet wird und über die Gier nach dem schnellen Geld siegt.

Mittlerweile gibt es sogar einen Bundesverband für deutsche Start-Ups und dieser hat bereits rund 60 Jungunternehmen als Mitglieder gewonnen. Weitere 50 stehen in der Warteschlange. Nach eigener Aussage engagiert sich der Verband für ein gründerfreundliches Deutschland und arbeitet im Dialog mit der Politik Vorschläge, die eine Kultur der Selbstherrlichkeit fördern und die Hürden für Unternehmensneugründungen senken.

Es tut sich also was in der Szene und einem Onlinebericht der Zeitschrift DIE WELT zufolge sind in Deutschland die Städte München und Berlin eindeutig die Start-Up-Hauptstädte. Nirgendwo werden mehr Internetfirmen gegründet als in München oder Berlin. Im internationalen Vergleich sieht die deutsche IT- Gründungsszene allerdings sehr mickrig aus.

Gründungs Storys wie bei Facebook sind hierzulande noch die Ausnahme„, sagt der Bitkom-Präsident Dieter Kempf.

Solche Erfolgsstorys werden in Deutschland wohl auch weiterhin die Ausnahme bleiben, denn es gibt nur sehr wenige institutionelle Investoren, die in digitale Medien investieren. „Das ist typisch deutsch – man ist gut darin, operationelle Geschäfte aufzuziehen. Aber wenn es um die Finanzierung geht sind die Angelsachsen deutliche risikoaffiner„, sagte der Start-Up-Gründer  Johannes Eck in einem Interview mit dem Managermagazin online. Er kommt zu dem Schluss, dass es aufgrund der hierzulande vorherrschenden Darlehensmodelle für deutsche Start-Ups sehr schwierig ist, innerhalb von 3 oder 4 Jahren aggressiv in einen Markt vorzudringen, denn die Darlehensmodelle stammen aus einer Zeit, die es so heute nicht mehr gibt und bieten nicht genügend Kapital in einem sehr kurzen Zeitraum.

Doch national gesehen ist die deutsche Gründerszene durchaus gut aufgestellt. Ein Blick auf die Seite https://deutschestartups.org/mitglieder/ zeigt die Vielfältigkeit der Deutschen Start-Up Unternehmen. Startrampe für solche Unternehmen ist oftmals der Gewinn eines Gründerwettbewerbs. Diese Gründerwettbewerbe gibt es nahezu in jeder größeren Stadt Deutschlands. Die Initiatoren solcher Wettbewerbe sind häufig die regionalen Industrie- und Handelskammern, Fachhochschulen, Banken und Sparkassen und bereits am Markt erfolgreich tätige Unternehmen aus verschiedensten Branchen.

Mit der deutschen Start-Up-Szene ausführlich beschäftigt hat sich auch das Onlinemagazin Internethandel. Es verlieh 18 erfolgreichen deutschen Jungunternehmen den Preis Internet Start-Up des Jahres 2012. Dabei vertritt das Onlinemagazin die Meinung, dass es für Gründer und angehende Unternehmer sehr interessant sein kann, sich mit der Elite der deutschen Start-Ups zu beschäftigen und sich dabei vor allem die Geschäftsideen, Strategien und Erfolgsfaktoren genau anzuschauen. Der Lerneffekt kann für alle diejenigen sehr groß sein, die selber noch auf der Suche nach einem Erfolgskonzept sind.

[Zitat aus Pressemitteilung] „Internethandel.de gehört bereits seit 2003 zu den bekanntesten deutschen Fachmagazinen für E-Commerce. Das unabhängige Online-Magazin informiert Händler, Dienstleister, Gründer und Journalisten monatlich über aktuelle Trends im Online-Handel, vermittelt Fach- und Hintergrundwissen und stellt umfangreiche Ratgeber zur Verfügung.“ [Zitat Ende]

Die Redakteure von Internethandel haben in der aktuellen Ausgabe des Magazins (Nr. 112, Februar 2013) die besten Start-Ups ausgewählt und deren Erfolgsfaktoren genau analysiert. Es ging dabei vor allem um die Frage, was genau die wirklich erfolgreichen Start-Ups von den Neugründungen unterscheidet, die es nicht auf Anhieb schaffen, sich erfolgreich im Markt zu platzieren. Die Grundlage dieser Analyse besteht aus einer Auswahl von insgesamt 18 Internet-Start-Ups, die in den namhaften Gründerwettbewerben des Jahres 2012 überdurchschnittlich erfolgreich waren. Dabei erfährt der Leser unter anderem,

  • wer die erfolgreichsten Start-Ups des Jahres 2012 sind
  • welche Personen dahinter stehen
  • welche Finanzierungsmodelle angewendet worden sind und nicht zuletzt auch
  • welche Strategien in Sachen Entwicklung und Wachstum gewählt worden.

Der Chefredakteur Mario Günter meint dazu: „Unter dem Stichwort Internet Start-up 2012 bieten wir unseren Lesern eine ultimative Auswahl der erfolgreichsten Jungunternehmen des vergangenen Jahres. Mein Team und ich haben diejenigen Teilnehmer ausgewählt und gekürt, die in Sachen Ideenreichtum, Originalität, Kreativität und Erfolg besonders überzeugen konnten. Da es allerdings nicht mit der guten Idee allein getan ist, haben wir unser Augenmerk vor allem darauf gerichtet, wie es den Gründern gelungen ist, ihre Konzepte zu finanzieren, umzusetzen und innerhalb von tragfähigen Unternehmen nachhaltig zu realisieren. Wir wollen im Detail zeigen, was erforderlich ist, um von der ersten Idee an den schwierigen aber lohnenden Weg zum wirklich erfolgreichen Start-up zu meistern“.

Diese sehr umfangreiche Analyse der deutschen TOP-Start-Ups kann daher jedem empfohlen werden, der selbst vielleicht noch in der Phase der Ideenfindung steckt, oder aber bereits eine Geschäftsidee gefunden hat und nun noch nach der erfolgversprechendsten Strategie sucht.

Zusammenfassend können wir feststellen, dass die deutsche Start-Up-Landschaft sich nach der Katastrophe 2003 wie Phönix aus der Asche zu einem kleinen, aber sehr ansehnlichen Pflänzchen entwickelt hat und dabei ist, erste, dauerhafte Blüten zu treiben.

Ob es allerdings jemals wieder zu einer solchen Aktienkultur kommt, wie wir sie um die Jahrtausendwende herum hatten, darf sehr wahrscheinlich bezweifelt werden. Zu groß ist der Vertrauensverlust und in dieser Hinsicht haben die deutschen Anleger ein Gedächtnis wie ein Elefant und legen ihr Geld lieber weiterhin auf das gute alte Sparbuch, dessen Verzinsung noch nicht einmal mehr die Inflationsrate ausgleicht.

Nur 13,4 % der Deutschen haben (noch) Aktien. In den USA sind es rund 25%, in den Niederlanden rund 30% und selbst in Japan legen rein statistisch gesehen fast 28 von 100 Einwohnern ihr Geld in Aktien an.

Ergänzende Links zu diesem Artikel:

Deutschlands beste Internet-Start-ups

Gratis Leseprobe der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Internethandel